Beruflicher EDV-Werdegang
Textwüste gefällig? Hier habe ich eine Beschreibung meines beruflichen Werdegangs zusammengestellt. Klar, das Leben besteht noch aus mehr als Beruf, aber ich schreib die Seite ursprünglich mal für eine Bewerbung und nun finde ich sie zum löschen zu schade.
Gleichzeitig ist das auch eine kleine Historie der EDV-Entwicklung in Deutschland. :-)
1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
1979
Großrechner Im zarten Alter von 14 Jahren sammelte ich erste Computererfahrung mit "OLAF", dem "Online-Ausleihverfahren im Freihandbereich der Bibliothek der Universität Freiburg". Keine Programmierung, nein: reine Bedienung. Mit damals so bahnbrechenden Dingen wie persönlicher Magnetkarte und Barcodes in den Büchern. Aber es faszinierte mich!
Wenig später zeigten mir Studenten, wie ich am Großrechner der mathematischen Fakultät arbeiten könnte, einer Univac 1108. Dort lerne ich meine erste Programmiersprache, Fortran, anhand eines liegengelassenen Vorlesungs-Scriptes.
1980
Wir sind umgezogen. In Todtnauberg im Schwarzwald fällt es natürlich schwer, an einem Großrechner zu arbeiten. Aber halt, in der Zeitschrift "Elrad" ist ein Selbstbauprojekt für den Eltrad-Triton-Computer enthalten. Das war zu hoch für mich, damals konnte ich noch nicht mal löten, geschweige denn eine Platine ätzen. Aber ich habe anhand der Zeitschriften-Serie Basic per Trockenübung gelernt.
1981
Mittlerweile wohne ich in Reinheim-Georgenhausen. Jedes Wochenende trampe ich nach Darmstadt: im dortigen Kaufhof steht ein Commodore PET 2001 -- in der Schreibmaschinenabteilung! Von den Verkäuferinnen bestaunt, wende ich meine Basic-Kenntnisse an. Hurra, es funktioniert. Wahrscheinlich habe ich dem Kaufhof einige PETs verkauft, denn ich war der einzige, der auf die Frage "Was kann man damit denn machen?" eine Antwort geben konnte. Wohl deswegen wurde ich vom Personal auch nicht fortgescheucht.
1982
Wieder umgezogen, diesmal in die Wetterau (bei Bad Nauheim). Wieder Pampa. Kein Computer weit und breit. Und kein Geld. Also wird selbst was zusammengebastelt. Weil man lötfaul ist, wird statt dem damals allgegenwärtigen Intel 8080 ein Selbstbauprojekt mit Zilog Z80 in Angriff genommen. Denn der kommt ohne Zusatzbausteine aus ...
256 Byte RAM für den Hauptspeicher müssen reichen. Als Ein-Ausgabe gibt es nur je ein 8-Bit-D-Latch, keinen Bildschirm und keine Tastatur. Das Teil hat auch kein Betriebssystem, nicht mal ein ein EPROM -- ich programmiere per Hardware. BUSRQ setzten, Adressen und Daten über Hexrädchen einstellen, MEMRQ und WR per Taster, Addressen/Daten setzen, MEMRQ und WR per Taster, ... Am Schluß der Prozedur wieder BUSRQ zurück, Reset tippen und mal schauen, ob das Programm läuft. Das war Hardware life und Z80 Assembler von der Pieke auf!
1983
Aber jetzt muß was richtiges her. Diesmal ist es ein Apple II Nachbau. 48 kB RAM, 153 kB passen auf eine Floppy, damals gigantisch. Wir erinnern uns: andere Rechner hatten noch Kassettenrecorder ... Jetzt wird richtig Basic programmiert. Oder, wenn's schnell sein soll, auch mal in 6502 Assembler.
1984
Stetig wird der Apple erweitert. Mit der sog. Language-Card auf 64 kB. UCSD-Pascal? Bäh! Stattdessen kommt eine Z80-Karte rein und CP/M installiert. Dort wird dann Turbo-Pascal 1.0 gelernt. Unter CP/M schreibe ich auch meine erste größere Auftragsarbeit, eine Videothekenverwaltung in dBase.
In diesem Jahr habe ich übrigens das letzte Mal einen Computer komplett begriffen. Vom Apple verstand ich die gesamte Hardware, denn es gab einen kompletten Schaltplan. Aber auch die gesamte Software war zu verstehen: ein Buch namens "Apple - Atlas and Gazetter" vom Dr. Dobbs Journal enthielt ein kommentieres Listing aller Speicherstellen, des BIOS und auch des Basic.
Heutzutage hat wahrscheinlich keine Person mehr die Chance, alle Teile eines Computers komplett zu verstehen ...
Nachtrag: da ich im Jahr (2003) an der Entwicklung des Ramses maßgeblichen Anteil hatte und auch dort wieder der komplette Schaltplan und sämtliche Software für mich vorlag, hatte ich Jahre später wieder mal dasselbe Erlebnis.
1985
Informatik studieren ist langweilig. Meine Erfahrung, daß Computer an der Uni Freiburg und an der TH Darmstadt in der jeweiligen Mathematischen Fakultät standen, hätte mich eines lehren sollen: Informatik ist in Deutschland von Mathematik verseucht. Wir lernten Analysis bis zum Erbrechen, aber computermäßig nichts Brauchbares. Weder Algorithmen, noch technische Verfahren, noch Projektmanagement.
Nur eines von vielen möglichen Beispielen: Was soll man davon halten, wenn in der Vorlesung "Compilerbau" ein 7-Pass-Compiler kommt, es aber schon seit einiger Zeit schnelle Singlepass-Compiler gibt? Ok, man muß die Grundlagen lernen. Aber kommt's danach richtig? Pustekuchen. Der Prof ist noch auf dem Stand von vor 5 Jahren.
Und so sorgt mein Studium dafür, daß ich mehr und mehr zum Autodidakten werde. Also hat es doch was Gutes!
Manchmal vertreibt man sich die Zeit im Bitnet. Lange vor dem IRC kannte man da schon Multiuser-Chat ...
Ich kompensiere den Frust, indem ich meinen Apple erweitere. Zwei Ehring-Laufwerke mit jeweils 640 kB. Nach drei Wochen Ärger mit einem Akustikkoppler (Dataphon s21d) habe ich mir dann selbst ein Modem zusammengelötet. Nun kann ich mit 300 Baud, 600 Baud und 1200/75 Baud kommunizieren. Für damals war das schnell. Softwaremäßig programmiere ich die INFSYS Mailbox. Die war durch einige Tricks sehr schnell. Manche Benutzer vermuteten, ich hätte eine Festplatte!
1986
Studium frustet immer noch. Warum müssen wir Feldgleichungen lernen oder Arbeitspunkte von Transistoren berechnen? Ersteres braucht man nicht, letzteres war Stoff in der 12. Klasse. Das kann man doch schon! Ach so, einige kommen vom Gymnasium und waren nicht auf der Fachoberschule. Und was mache ich, wenn ich etwas über PALs lernen will? Oder über GALs? Oder über ASICs? Fehlanzeige!
In den Semesterferien jobbe ich bei einer Firma, die Novell-Netze installiert. Jaaa, Novell gab es damals schon!
Ich höre mit dem Studieren auf. Ich wollte ja EDV "richtig" lernen. Stattdessen will man mich zum Mathematiker ausbilden. Die EDV-Anteile am Studium sind lächerlich einfach, aber vollkommen theoretisch. Obwohl ich an einer angeblich praxisbezogenen Fachhochschule war, haben wir doch während dreier Semester offiziell keinen Computer zu Gesicht bekommen. Also wird beschlossen, seine Zeit sinnvoller anzuwenden. Eine Woche später habe ich meine erste richtige Arbeit:
National Semiconductor Datachecker/DTS in Darmstadt suchte jemanden mit Erfahrung im brandneuem MSDOS, damals noch Version 2.11. Die hatte ich zwar nicht, aber sie akzeptierten mich trotzdem. Ich hatte ihnen versichert, daß die Kommandos von MSDOS dieselben wie die von CP/M wären. Waren sie übrigens auch ...
1987
Beruflich geht es ganz gut. Ich schreibe in Turbo-Pascal 2.0 unter MSDOS ein Programm, um Daten von Registrierkassen abzuholen. Das ganze ist HDLC-ähnlich, nur eben asynchron, nicht synchron. Später kommen betriebswirtschaftliche Auswertungen hinzu.
Privat wage ich mich an ein größeres Hardwareprojekt: den mc68000 Computer. Der wird selbst gelötet. Auf Basic einer 68000 CPU, 1 MB Speicher, einer 20 MB Festplatte und dem Betriebssystem OS9/68k kommt ein ganz brauchbarer Computer heraus.
Irgendwie verwende ich den dann aber nie wirklich. Zwar ist OS9/68k recht schnell und wäre ja toll für mein Mailboxprojekt geeignet. Aber ich konnte mich mit dem C-Compiler nicht anfreunden. Der war ja quallenlahm. Turbo-Pascal war so viel schneller. Obwohl es nur auf einer Z80 mit 1 MHz lief, der C-Compiler aber auf einem 68000 mit 8 MHz
Immerhin programmiere ich in 68000 Assembler einen Betriebssystem-Treiber für einen Kunden. Der entwickelte CMOS-RAM-Karten und dank meinem Treiber wurden die dann von OS9/68k erkannt.
Im gleichen Jahr kaufte ich mir dann meinen ersten IBM Computer. Irgend ein XT-kompatibler mit 8 MHz und 20 MB Festplatte. Die Platte habe ich den mc68000 entnommen, der war mittlerweile schon wieder demontiert, nachdem er sich als Sackgasse erwiesen hat. Spaß hat's trotzdem gemacht.
noch 1987
"Da Sie kein Student mehr sind, können wir Sie nicht weiter vom Wehrdienst zurückstellen. Finden Sie sich am Freitag um 8 Uhr auf dem Bahnhof ein. Von dort fährt ein Truppentransport nach Kassel zu ihrer neuen Kaserne.". So einfach wird man also Soldat. Ein Brief kommt und schon sieht man zwar nicht rot, aber doch zumindest olivgrün.
In der Kaserne bei Kassel ging es dann in die Techniksteinzeit. Nachdem ich ja schon gewöhnt war, mit 1200 Baud Daten zu übertragen und die ersten 2400 Baud-Modems auf den Markt kamen, mußte ich als VHF-Schreibfunker Daten mit 50 Baud übertragen. Immerhin hatten mir meine Erfahrungen als SWL (Short Wave Listener) geholfen.
Und so blieb ich denn da auch nicht dort. Ich wechselte nach 3 Monaten zur Eloka, der elektronischen Kampfführung. Dort ging es dann so richtig zur Sache. Genaues werde ich nicht schreiben, es hat aber Spaß gemacht. Als Stabsunteroffizier lernte ich dann auch Grundlagen der Methodik und Didaktik -- in meiner Einheit waren die neuen Rekruten die ersten 6 Monate im Lehrsaal! Die "grüne Ausbildung" beschränkte sich auf das nötigste innerhalb von zwei Wochen.
1988
Man experimentiert so herum, z.B. mit Forth, Lisp und ähnlichen Krankheiten. Gut zum Denkenlernen, schlecht für die Produktivität. Kolumnen wie "Computer-Kurzweil" in "Spektrum der Wissenschaft" lenken das Augenmerk von der Implementationssprache auf Algorithmen.
1990
Die Mailbox wird mal wieder zum Leben erweckt. Mit BinkleyTerm wird man Mitglied im Fidonet. Mit anderen Worten: man versendet und empfängt schon E-Mails, als der Rest der Welt weder das Wort "E-Mail" noch "Internet" gehört hatte.
Ich hole auch den alten Pascal-Code meiner Mailbox hervor und portiere das Programm nach MSDOS. Später erstelle ich sogar ein Version, die kommerziell unter Datex-P betrieben wird.
Ansonsten hatte ich da eine wilde Zeit. Es war cool, andere Computer zu hacken, man ging zum Chaos Communication Congress. Beliebteste Sportart war Festplattenweitwurf. Bei den damaligen 5 1/4 Zoll Laufwerken (volle Bauhöhe!) mußte man sich ganz schön anstrengen!
1991
Die Wiedervereinigung ist für mich das Signal, beruflich zu wechseln. Denn schon ist absehbar, das aus einer echten, erfüllenden Tätigkeit in meiner Einheit eine Beschäftigungstherapie werden könnte.
Doch da kommt ein Nachbar zu mir, eine Firma wolle ein Netzwerk installieren, ob ich das nicht machen wolle. Ich wollte! Also ging ich hin. Dort jedoch: "Nein, wir suchen schon jemanden für immer!". Ich dagegen "Ach, das ist aber schade, ich bin gerade dabei, nach Darmstadt umzuziehen". Mein Gespächspartner daraufhin "Was bieten man Ihnen denn dort, das können wir doch auch!". Aber erst die Zusage, daß ich dort eine Lehre zum Angestelltentarif machen könne, bewegte mich zum Zuschlag.
Und so stieg ich gleich ins zweite Lehrjahr ein und erlernte den Beruf des Bürokaufmanns. Komisch, irgendwie habe ich bis heute noch kein einziges Büro verkaufen können ... :-)
Ich bekam aber nicht nur das Gehalt eines Angestellten, ich mußte auch dasselbe leisten. Eine meine ersten Aufgaben war, ein Novell Netzwerk zu installieren. Gefolgt von einer Multiuser-Warenwirtschaft und Fibu, damals von Taylorix.
1992
Der Beruf des Bürokaufmanns ist nicht schwer - jede angehende Krankenschwester muß weit mehr lernen! Also stieg ich im zweiten Lehrjahr ein. Wenn man nun hört, daß ich außerdem auch noch die Abschlußprüfung ein halbes Jahr vorzog und dann noch mit Note 1.06 bestanden habe, mag man sich wundern. Aber mein Arbeitgeber förderte mich auch nach Kräften:
Man erlaubte mir (während der Lehre) kostenlos an einem Lehrgang zum Handelsfachwirt teilzunehmen. Wenn wir also in der Berufsschule einen Buchungsvorgang nach Schema F lernten, hatten wir dasselbe abends unter steuerlichen Gesichtspunkten. Eine bessere Nachhilfe kann man sich gar nicht wünschen.
Leider konnte ich die Prüfung zum Handelsfachwirt nicht ablegen, denn dafür braucht man 4 Jahre Berufspraxis. Das jemand während der Lehre den Stoff erlernt, sah die IHK-Ordnung nicht vor (und so richtig Praxis als Kaufmann hatte ich ja auch nicht). Aber immerhin konnte ich die Ausbildereignungsprüfung ablegen, darf also Kaufleute ausbilden.
1993
Nach der Lehre blieb ich noch einige Monate in der alten Firma, bevor ich dann als stiller Gesellschafter und Programmierer selbstständig wurde. Wir konfigurierten und programmierten Registrierkassen auf PC-Basis. So richtig dicke Dinge, 8000 DM pro Stück. Unsere Zielgruppe waren Filialisten mit hochpreisigen Lagern, etwa Parfümerien oder Fotoläden. Mit unseren Kassen konnten sie jeweils in der Nacht die genauen Artikelverkäufe aus den Filialen in die Zentrale holen und auch die Preise anpassen. Durch genaue Lagerhaltung konnte der Lagerbestand gesenkt und Zinsen gespart werden, so haben sich unsere Kassen für die Händler ausgezahlt.
In diesem Rahmen beschäftigt man sich mit automatisierter Datenübertragung. Diese mußte funktionieren, während an der Kasse gebucht wurde. Das ganze bitte unter MSDOS, damit man sich die Kosten und Abstürze von Windows sparen konnte&nsbp... Letztlich haben ich das gesamte Protokoll (eine Adaption von des Hydra-Protokolles) per Statemachine (endlicher Automat) im Idle-Event von Turbo-Vision ausführen lassen. Elegant war das Programm nicht, aber es lief.
Andere interessante Dinge waren die Datenkonvertierungen von und zu ca. 30 verschiedenen Warenwirtschaftssystemen, EuroCard- und Kreditkartenclearung und Spezialprogrammierungen, Kommunikation mit Inventurdaten-Erfassungsterminals.
Aber auch neben der Handelsschiene hatten wir manche nette Aufträge. Eine Firma produzierte eine analoge Telefonkarte für den PC. Wir erstellte die Software dazu: Treiber für DOS und Windows, API, grafische Oberfläche und einige Beispielsapplikationen. Ich habe kleinere Teile des API mitentwickelt. Lustig war z.B. die fehlertolerante Besetzttonerkennung. Die durfte ja bei Knacksern nicht aus dem Tritt kommen ...
Das System wurde z.B. von Classic-Radio eingesetzt, um automatisiert Musikwünsche per Telefon anzunehmen.
1994
Mittlerweile ist Komponentenorientiere Programmierung in aller Munde. Unser Kassensystem hatte das schon immer getan :-) Wir hatten sogar schon eine Art von Softwarebus entwickelt, mit dem man beliebige Module zusammenstöpseln kann. Jedes Modul holt sich die Nachrichten vom Softwarebus, die es braucht. Die Restgeldnachricht wird vom Modul für das Kundendisplay ausgewertet, die Anzeige entsprechend angesteuert. Und das Modul für den Restgeldautomaten gibt eben das entsprechende Restgeld aus.
Achja, ich lernte denn auch mit einer vorwiegend komponentenorientierten Programmiersprache zu arbeiten: mit Visual Basic. Jedenfalls genug, um ganz schnell damit wieder aufzuhören. In VB konnte man nur Komponenten verwenden. In Delphi dagegen anwenden und selbst erstellen. Außerdem war Delphi einfach schneller und ausgereifter (und ist es noch).
War die Postleitzahlenumstellung in 1994? Wie auch immer, zusammen mit einer anderen Firma haben wir in C++ ein Programm geschrieben, um fehlertolerant die Umstellung vorzunehmen. Denn viele Adresskarteien haben fehlerhafte Eingaben und über rein tabellenorientierte Umwandlungen würde viel Handarbeit übrigbleiben. Unser Programm hat "7401 Freyburg" genauso umgewandelt wie "7400 Freiburg". Fehlertolerante Suche ist immer noch eines meiner Steckenpferde. Mein E-Mail Paket OM EMAIL z.B. stört sich nicht, wenn eine E-Mail an <holger.schurich@somewhere> gesandt wird statt an <holger.schurig@somewhere> ...
1995
Aber was ein richtiger Müslifresser ist wird seinem Pascal nicht untreu. Das heißt allerdings jetzt Delphi und lieferte mir jahrelang eine der produktivsten Programmierumgebungen.
Irgendwie lernte ich auch, daß man im EDV-Bereich nicht unbedingt ein guter Programmierer sein muß, sondern eher ein guter Marketingexperte. Das Problem unserer Firma lag im Marketing. Wir verkauften nicht genug zu genügend hohen Preisen. Zwar verdienten wir, aber eben nur so lala.
Für mich war klar: ich werde mal eine Frau heiraten (mittlerweile getan!), nicht jedoch eine Firma. Und sei es auch die eigene Firma. Dementsprechend war ich mit dem Verhältnis von Arbeitseinsatz zu Verdienst nicht zufrieden. Es kam zu einer internen Zielvorgabe: innerhalb eines Jahres ordentlich verkaufen oder sich neu orientieren.
1996
Ich orientierte mich also neu. :-) Und lasse in Zukunft die Finger von Handelsvertretern.
Da vor drei Jahren zum Glauben gekommen bin, habe ich als "EDV-Mädchen für alles" bei der christlichen Missionsgesellschaft Operation Mobilisation angefangen.
Hier durfte ich zunächst das interne LAN aufbauen und den Leuten zunächst erklären, wie sie mit Winword & Co arbeiten können.
Anschließend habe ich mich um die Multiuser-Email gekümmernt, kleinere Dinge programmiert, hausinterne Dokumentationen erstellt etc. Technisch nicht sooo tiefgreifend, dafür aber seeehr interessant. Vor allem hatte ich totale Freiheit von der Leitung bekommen, es gab nur Zielvorgaben. Herrlich!
1997
Nun kommen mir meine Englischkenntnisse zustatten. Das heißt: eigentlich baue ich sie erst jetzt so richtig aus. Denn in diesem Jahr habe ich in vielen Auslandseinsätzen Netzwerke installiert und andere EDV-Leute geschult, u.a. in Singapur, Malaysia, Schweiz, England, Österreich. Einmal sogar auf dem ältesten fahrenden Passagierschiff der Welt: der Doulos.
Für OM Deutschland stelle ich wegen einer brauchbaren und bezahlbaren Multiuser-E-Mail-Lösung (Taylor-UUCP) unseren Unix-Server von SCO auf Linux um. Linux war einfach schneller und moderner als SCO. Und mmdf kann man gegenüber sendmail wirklich vergessen.
Zur damaligen Zeit war Linux unbekannt und es gehörte ein wenig Mut zu dieser Lösung. Immerhin mußte auf den Server auch unsere hausinterne Verwaltungssoftware (Adressen, Buchhaltung, Spendenbuchhaltung) laufen. Dank iBCS konnte ich jedoch der Verwaltung ein lauffähiges System bieten. Linux war auf der gleichen Hardware sogar um einiges schneller als es SCO ...
1998
Mittlerweile ist klar, daß Novell die Zeit verschlafen hatte. Eine Datenbank, Progress, die wir bei OM brauchen, wird schon nicht mehr auf Novell unterstützt. Also möchten einige auf NT wechseln. Ich schlage vor, stattdessen Linux zu nehmen. Das ist noch zu unbekannt und zu schwer zu bedienen. Also hebe ich das Projekt OM Standard Linux Server aus der Taufe. Das ist Red Hat Linux plus einige Module, die das ganze Ding gut bedienbar machen.
Neben den üblichen, meist eine Woche dauernden Auslandsaufenthalten, bin ich im Oktober einen ganzen Monat in den USA. Zusammen mit einer anderen Missionsgesellschaft entwickeln wir eine E-Mail-basierte Sicherheitssoftware. Leider wird das Projekt ein Flop.
Bei der Gelegenheit installiere ich auch den zentralen E-Mail-Hub für OM sowie unseren Nameserver. Aufgrund der Struktur von OM mit Dependancen in vielen Ländern der Welt, auch der dritten Welt, kommt eine Mixtur unterschiedlicher Techniken zum Einsatz: Standleitungs-TCP/IP-Verbindungen, Dialup- Verbindungen via PPP, SMTP, UUCP und auch UUCP-over-TCP/IP.
Als Fileserver setzten wir Linux mit Samba ein. Dank der von mir entwickelten Pakete bekomme ich so einen Fileserver (auf Basis von Samba) in weniger als einer Stunde "benutzungsbereit".
Ein besonderes Softwareprojekt dieses Jahres ist mein Installateur. Was macht man, wenn man eine Workstation mit Windows und so um die 30 verschiedenen Applikationen versehen will? Viel Zeit investieren! Oder Festplatten kopieren. Wenn man das aber nicht kann, weil z.B. einige der Applikationen nur in drei Lizenzen vorliegen? Man schreibt sich seinen eigenen Installateur. Und so kann ich nun eine Workstation von "Festplatte ist leer" bis "Fertig installiert und konfigurert" in 10 Minuten installieren. Einschließlich Word-Dokumentvorlagen, Treiber für die Grafikkarte, Voreinstellung der ganzen Applikationen und sogar Anpassen der Berechtigungen a la System-Policies.
Man kann den Installateur auch für die tägliche Wartung nutzen: mit einem Programm wird eine Pilotinstallation durchgeführt. Diese wird aufbereitet und anshcließend vollautomatisch 30 Workstations nachvollzogen. Ohne jegliche Benutzereingriffe. Vorbei sind die Zeiten, in der ich mit CD oder ZIP-Laufwerk von Rechner zu Rechner hastete. Und wenn ich dann merke, daß eine Einstellung falsch war, wird die einfach korrigiert. Und egal, ob die Einstellung in der Registry, einer INI-Datei oder einer normalen Datei war: sie wird automatisch auf alle Workstations repliziert.
1999
Dies ist das Jahr, in dem ich innerhalb OM viel von meinem Wissen weitergeben kann. Das ist auch nötig, da ich mich zum April/Mai 2000 beruflich verändern und OM verlassen möchte.
Als Folge dieser Veränderung reise ich weniger als üblich. Stattdesses wird viel dokumentiert und einige Seminare für andere Techniker gehalten. Da es für alles einen Namen gibt, würde ich sagen, daß ich jetzt im Second-Level-Support bin. :-)
Naja, nur Support geht aber auch nicht. Derzeit ist eine größere Applikation in Perl in der Implementationsphase, Bugzilla wurde auf einem Apache-Server installiert um unsere Progress-Programmierer zu unterstützen.
2000
Stell' Dir vor, der Weltuntergang ist angesagt --- und dann kommt er nicht! Der Y2K-Bug ist keiner. Zwar spinnt ein Access-Programm, aber die Zeit zum Beheben des Fehlers beläuft sich auf netto 10 Minuten ...
Zum 1. Mai wechsle ich zur M&N Logistik Lösungen Online GmbH, hier befasse ich mich mobilen Datenerfassungsterminals für den Logistikbereich, aber auch mit der internen EDV.
2001
Im Rahmen der internen EDV werden diverse Router-Strecke zu Kunden aufgebaut, um dort im Rahmen zu Wartungsverträgen Fernwartung durchzuführen. Zunächst mit einem Cisco-Router, dann zu eine Bruchteil der Kosten und viel einfacher zu administrieren mit einem Bintec 4fach ISDN-Router (8 Kanäle). Gleichzeitig wird ein Firewall eingerichtet, um sich von Kundennetzen und dem Internet abzuschirmen und dennoch kontrolliert Zugriff zu haben.
2002
Ich führe C++, Qt, CVS und SAP-DB in die Firma ein, schule meinen nächsten Chef und meine Kollegen. SAP-DB ist eine ausgewachsene Datenbank, durchaus vergleichbar mit Oracle. Allerdings ohne Lizenzkosten nutzbar. PostgreSQL oder MySQL kamen nicht in die engere Wahl, da sie entweder nicht im 24x7 Betrieb liefen (Stichwort Vacuum und Datensicherung) oder keine Transaktionen, Trigger, gutes Embedded SQL (für Alt-Projekte) etc unterstützten. Mittlerweile (2004) haben das beide "alten" Open-Source-Datenbanken aufgeholt.
2003
Mein Arbeitgeber wandelt sich vom reinem Handels- und OEM-Haus zum Hersteller. Zunächst wird ein "dummes" Handterminal und ein Gabelstaplerterminal entwickelt und erfolgreich in den Markt eingeführt (mehr als 2000 Stück). Und weil unser Hauptlieferant nicht die von Kunden gewünschte Konfiguration anbietet, fangen wir an ein eigenes, intelligentes Terminal zu endwickeln: Ramses. Als Teil eines kleinen Dreierteams (Klaus Elektronik, Wolfgang Produktionsplanung, ich Software) entwickelt wir in relativ kurzer Zeit unser eigenes Gerät.
Ich implementiere in VHDL den CPLD, den Bootloader (erst Tests mit eCos und blob, dann richtig mit u-boot) und schließlich alle Treiber und Anpassungen für armlinux, z.B. für Tastatur, Touchscreen, USB-Host-Chip, Netzwerk-Chip, Akku-Kommunikation, LCD-Panel, Uhrenchip, Powermanagement, QuadUART, WLAN-Karte. Dazu kommt nach das Buildenvironment für User-Space, erst mit Hilfe von OpenZaurus. Für Demozwecke wird Opie angepaßt, auch wenn wohl niemand einen PDA aus dem Ramses macht.
Im Rahmen der Produktion entwerfe ich JTAG-Tools zur Bootstrap und für die automatisierte Fehlersuche.
2004
Ramses ist fertig und wird ausgeliefert. Jetzt helfe ich mit, die Demo-Applikation (die unsere Kunden im Sourcecode bekommen) fertigzustellen. Enthalten ist Telnet, Webbrowser, 5250-Emulation, Windows RDP-Client, Unterschriftenerfassung, Barcodeleser, Handyfunktion etc. Für's WLAN programmiere ich eine lizenzkostenfreie 802.1x-Implementation und für Demozwecke bekommt Ramses einen VNC-Server. Ich initiiere eine Build-Umgebung names OpenEmbedded, die später von anderen als Haupttool für diverse embededded Systeme genutzt wird.
2005
TODO: Asterisk, DeStar, SAPDB
2006
TODO: RT3000
2007
RT2500, XP Embedded, SPS, Libertas, PostgreSQL